Pflegebedürftigkeit

Als pflegebedürftig gelten Personen, die wegen gesundheitlich bedingter Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder Fähigkeiten auf Hilfe und pflegerische Unterstützung von anderen angewiesen sind. Dies kann körperliche, kognitive oder psychische Bereiche betreffen. Die Beeinträchtigungen müssen dauerhaft vorliegen – mindestens sechs Monate.

Dafür werden die folgenden sechs Module begutachtet:

Mobilität

Hierunter fällt zum Beispiel das Treppensteigen oder das Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs.

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten

Hierunter fällt zum Beispiel die zeitliche oder örtliche Orientierung, das Kurzzeitgedächtnis, das Verstehen von Sachverhalten und Informationen, die Beteiligung an einem Gespräch.

Verhaltensweisen und psychische Problemlagen

Hierunter fällt zum Beispiel die nächtliche Unruhe, aggressives Verhalten, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage.    

Selbstversorgung

Hierunter fällt zum Beispiel die Körperpflege, Ankleiden, Auskleiden, das mundgerechte Zubereiten der Nahrung, Eingießen von Getränken, Benutzen einer Toilette

Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen

Hierunter fällt zum Beispiel die Medikamentengabe, Injektionen, Sauerstoffgabe, Einreibungen, körpernahe Hilfsmittel, Verbandswechsel, Arztbesuche

Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Gestaltung des Tagesablaufs, Ruhen und Schlafen, Interessen nachgehen, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds

Einstufung in einen Pflegegrad

veraltet: Pflegestufe

 

Seit 2017 gilt ein weitreichender Pflegebedürftigkeitsbegriff in der Pflegeversicherung. Zusätzlich zu körperlichen Einschränkungen werden nun auch Menschen mit Demenz und Menschen mit geistigen oder psychischen Einschränkungen berücksichtigt.

Maßstab für Pflegebedürftigkeit ist der Grad der Selbstständigkeit eines Menschen und nicht mehr der Hilfebedarf in Minuten, nach dem bis 2016 die Pflegestufe ermittelt wurde.

In den einzelnen Modulen werden sowohl die Mobilität, Körperpflege, Ernährung, Kleiden, Ausscheiden bewertet als auch zusätzlich kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen, die Gestaltung von Alltagsleben und sozialen Kontakten.

Anhand eines Punktesystems wird der Pflegegrad errechnet. Die sechs Module Mobilität, Kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung mit krankheitsbedingten Anforderungen, Gestaltung des Alltagslebens werden in Einzelkriterien unterteilt und bepunktet. Die einzelnen Module werden dann unterschiedlich gewichtet:

Mobilität: 10%

Kognitive und kommunikative Fähigkeiten | Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: 15%

Selbstversorgung 40%

Umgang mit krankheitsspezifischen / therapiebedingten Anforderungen: 20%

Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: 15%

Aus dem ermittelten Gesamtpunktwert wird der Pflegegrad abgeleitet. Je höher Ihr Pflegegrad ist, desto höher ist auch Ihr Leistungsanspruch.

Für den Laien ist die Einstufung und Bepunktung oft schwer nachvollziehbar.

Unterstützung bei der Antragstellung Unterstützung beim Widerspruch
Übersicht der fünf Pflegegrade
Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Punkte
geringe Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Punkte
erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte
schwere Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Punkte
schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte
schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Weitere Informationen zu den einzelnen Pflegegraden finden Sie hier im Detail:

Pflegegutachten bei Kindern

Für die Einstufung in einen Pflegegrad gelten bei Kindern grundsätzlich die gleichen Prinzipien wie bei Erwachsenen. Es wird ebenfalls der Grad der Selbstständigkeit erhoben.

Allerdings wird dabei immer der Vergleich zu den Fähigkeiten eines gesunden, gleichaltrigen Kindes gezogen.

Eine Ausnahme stellen pflegebedürftige Kinder im Alter von bis zu 18 Monaten. Sie gelten grundsätzlich in allen Bereichen als unselbstständig und könnten demnach keine oder nur niedrige Pflegegrade erreichen.

Deshalb werden die beiden altersunabhängigen Module 3 (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen) und 5 (Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen) herangezogen.

Zudem wird erhoben, ob gravierende Probleme bei der Nahrungsaufnahme bestehen, was einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf bei der Ernährung begründen kann.

Eine Sonderregelung sieht dann vor. Dass Kinder im Alter von bis zu 18 Monaten pauschal einen Pflegegrad höher eingestuft werden, als bei der Begutachtung festgestellt.

ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkte Pflegegrad 2
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkte Pflegegrad 3
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkte Pflegegrad 4
ab 70 bis 100 Gesamtpunkte Pflegegrad 5

In diesem festgestellten Pflegegrad können diese Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensmonats verbleiben. Danach werden sie in der Bewertung mit älteren Kindern gleichgestellt. Die Bewertung bei Kindern bis zum elften Lebensjahr erfolgt dann mit Vergleichstabellen, gestaffelt nach Alter.

Ab einem Alter von elf Jahren gilt ein Kind in den Modulen zur Bewertung der Pflegebedürftigkeit als selbstständig. Ab diesem Alter wird der Pflegegrad bei Kindern ermittelt wie bei Erwachsenen.

Wissenswert ist, dass auch Kinder mit beispielsweise Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS),  Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Autismus, Asperger-Sydrom je nach Ausprägung in einen Pflegegrad eingestuft werden können.

Von der Pflegestufe zum Pflegegrad

Bis Ende 2016 gab es drei aufeinander aufbauende Pflegestufen, durch die der Anspruch auf Pflegeleistungen geregelt war. Die Höhe der jeweiligen Pflegestufe wurde durch die Erhebung der Pflegeminuten festgelegt, die ein Pflegebedürftiger in Anspruch nahm.

Seit 2017 gilt aber ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, der sowohl die körperlichen Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit als auch die Fähigkeiten von Menschen mit kognitiven oder psychischen Beeinträchtigungen stärker berücksichtigt – zum Beispiel von Menschen mit Demenz.

Die bis dahin gültigen drei Pflegestufen und die eingeschränkte Alltagskompetenz wurden abgeschafft und damit auch das Kriterium des zeitlichen Aufwands für die Pflegebedürftigkeit.

Sie wurden ersetzt durch die heute gültigen fünf Pflegegrade. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff wird durch ein umfassendes Begutachtungsinstrument erhoben.

Alle Versicherten, die am 31. Dezember 2016 bereits Leistungen der Pflegeversicherung bezogen haben, wurden am 1. Januar 2017 von ihrer alten Pflegestufe ohne neue Antragstellung oder erneute Begutachtung in den neuen Pflegegrad übergeleitet.

Alt: Pflegestufe (gültig bis 31.12.2016) Neu: Pflegegrad (gültig seit 01.01.2017)
Pflegestufe 0 mit eingeschränkter Alltagskompetenz Pflegegrad 2
Pflegestufe 1 Pflegegrad 2
Pflegestufe 1 mit eingeschränkter Alltagskompetenz Pflegegrad 3
Pflegestufe 2 Pflegegrad 3
Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz Pflegegrad 4
Pflegestufe 3 Pflegegrad 4
Pflegestufe 3 mit eingeschränkter Alltagskompetenz Pflegegrad 5
Pflegestufe 3 Härtefall Pflegegrad 5

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